Von Nils Klute, IT-Fachredakteur und Projektmanager Kommunikation Cloud Services bei EuroCloud Deutschland_eco e.V.
Daten teilen, um smart zu produzieren und Anlagen zu warten: Wer Informationen übergreifend austauscht und nutzt, optimiert nicht nur Produktionsverfahren, sondern realisiert neue Geschäftsmodelle im Industrie-Service. Was Datenflüsse in Deutschland stocken lässt. Und warum es Initiativen wie Gaia-X und Pioniere wie Service-Meister braucht.
Temperaturen, Zeitstempel oder Druckmessungen – Sensoren überwachen Maschinen aus der Ferne. Immer mehr Technologien wie Cloud, Internet of Things oder Big Data Analytics ziehen dazu auf den Shop-Floors ein. Welche Lösungen dabei in Unternehmen besonders gefragt sind: Laut Remote Service Branchenbericht 2022 zum Beispiel Machine Learning (32 Prozent), Artifical Neural Networks (16 Prozent) und Data Analytics. Informationen automatisiert zu verarbeiten und zu analysieren, ist für sieben von zehn Firmen die entscheidende Fähigkeit. Eine Fähigkeit, die laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW), heute zur ökonomischen Schlüsselkompetenz wird. Denn: „Daten sind ein begehrter Produktionsfaktor in der digitalisierten Wirtschaft“, halten Barbara Engels und Jan Büchel in der aktuellen IW-Trends-Studie zum Data Sharing in Deutschland fest, „vor allem ist Künstliche Intelligenz (KI) nur durch die Nutzung von Daten möglich.“
Daten kombinieren und neue Geschäftsmodelle realisieren
Daten nutzen, um intelligent zu produzieren und Maschinen smart zu warten, setzt allerdings eines voraus – dass Daten überhaupt geteilt werden. „Data Sharing beinhaltet, Daten an andere Unternehmen abzugeben oder von diesen Daten zu empfangen“, heißt es in der IW-Studie, „denn die größten Potenziale der Datennutzung können realisiert werden, wenn Daten aus unterschiedlichen Quellen kombiniert werden.“ Das bedeutet: Teilen beispielsweise Lieferanten, Produzenten und Kunden ihre Informationen übergreifend, lassen sich Fertigungsverfahren optimieren und überwachen, die Resilienz komplexer und vielschichtiger Wertschöpfungsnetzwerke steigern und datenbasierte Services realisieren. „Neue Geschäftsmodelle und Produkte sind oft nur möglich, wenn Unternehmen nicht nur ihre eigenen Daten nutzen, sondern auch Daten von anderen Unternehmen und Institutionen einbeziehen können.“
Data-Sharing-Dilemma lösen und Wertschöpfungssteigerung ermöglichen
Schöne neue Datenwelt, deren Möglichkeiten aber noch zu oft auf der Strecke bleiben. Laut IW-Trends beteiligen sich 58 Prozent der mehr als 1.000 befragten Industrieunternehmen und industrienahen Dienstleister hierzulande nicht am Data Sharing – weder geben sie Daten ab noch empfangen sie welche. Nur 38 Prozent der Firmen empfangen Daten und 21 Prozent stellen welche zur Verfügung. Wo die Gründe liegen:
- Vertragliche Verpflichtungen oder rechtliche Vorgaben treiben das Data Sharing an. In beiden Fällen bringt das in den meisten Firmen Informationen in den Fluss.
- Matching-Probleme bremsen die Datenströme aus. So empfangen 43 Prozent der Unternehmen nicht mehr Daten, weil es die für sie interessanten Informationen einfach nicht gibt. Andersherum geben die Firmen selbst nicht mehr Daten ab, weil sie davon ausgehen, dass die Daten keinen Nutzen bieten (36 Prozent) oder für Dritte uninteressant sind (30 Prozent).
Data Sharing in Deutschland braucht Pioniere und Initiativen
Zu wenig interessante Daten sind für jedermann verfügbar, weil jeder Einzelne die eigenen Daten uninteressant findet und zurückhält – ein Dilemma: „Könnten diese Informationsasymmetrien gelöst werden, würde mehr wertschöpfungssteigerndes Data Sharing ermöglicht“, schreiben Engels und Büchel. Weiter heißt es: „In der Tat geben 37 Prozent der befragten Unternehmen an, sie würden eher Daten mit anderen Unternehmen teilen, wenn sie passende Kooperationspartner dafür hätten.“ Und: „Für ein Viertel der Unternehmen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie Daten teilen, wenn es eine Instanz gäbe, die das Datenteilen regelt und prüft, ob die rechtlichen Vorschriften und vertraglichen Abmachungen eingehalten werden.“ Was Deutschlands Betriebe brauchen: „Data-Sharing-Pioniere in einzelnen Branchen“. Welche Instanzen und Pioniere sich da anbieten können: Zum einen Gaia-X. Auf Basis europäischer Standards, Werte und Gesetze bringt die Initiative eine dezentrale, verteilte und souveräne Dateninfrastruktur an den Start. Und zum anderen Projekte wie Service-Meister: Seit über drei Jahren löst das vom eco – Verband der Internetwirtschaft geleitete Konsortium Herausforderungen in Wartung und Instandhaltung mit Daten und KI.
Maschinen warten und Geschäftsmodelle realisieren mit Service-Meister
Egal, ob Digitale Ratgeber, Chatbots, Augmented-Reality-Anwendungen und Apps – Service-Meister arbeitet an smarten Werkzeugen, die Techniker:innen im Industrie-Service helfen sollen. Und das nicht nur, um Maschinen datenbasiert remote zu warten, sondern neue smarte Geschäftsmodelle im Industrie-Service zu realisieren. Wie das aussehen kann, zeigt im Konsortium TRUMPF: Was hilft, Anlagen verfügbar zu halten, senkt zugleich die Betriebs- und Wartungskosten. Faktoren, die der Hersteller zur Basis neuer Geschäftsmodelle rund um seine Laserschneidsysteme gemacht hat. Kund:innen sollen nicht mehr länger in die High-Tech-Anlagen investieren, sondern nur noch pro produziertem Teil einen zuvor vereinbarten Preis bezahlen. Das Pay-per-Part-Geschäftsmodell macht es möglich.
KI-Einstieg planen und Chancen aufzeigen lassen
Damit Anwendungen wie diese auf Basis von Daten und KI auch in kleinen, mittleren und mittelständischen Unternehmen immer selbstverständlicher werden, unterstützt Service-Meister Firmen auf dem Weg in die smarte Service-Ökonomie. Beispielsweise planen Unternehmen auf der Projekt-Website ihren KI-Einstieg oder lassen sich die Chancen der Technologie über die Prozesslandkarte aufzeigen. Wer die eigenen Mitarbeitenden in puncto KI weiterentwickeln möchte, der informiert sich über Schulungs- und Weiterbildungsangebote, die das Förderprojekt gemeinsam mit Partnern wie dem KI-Campus anbietet.
Daten teilen, um KI-Services zu realisieren und mehr Geschäft im Industrie-Service zu erzielen, ist laut Remote Service Branchenbericht 2022 der Medienagentur we.CONECT der richtige Weg. 37 Prozent der befragten Expert:innen für Remote- und Digital Service entwickeln so neue Geschäftsmodelle für smarte Fernwartungsdienste – und das mit Software, Daten und KI.
Bildnachweis: iStock-860653830
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