Von Nils Klute, IT-Fachredakteur und Projektmanager Kommunikation Cloud Services bei EuroCloud Deutschland_eco e.V.
Lebenslang lernen und sich weiterbilden – beides kommt zu oft zu kurz. Während Konzerne eigene Schulungsabteilungen gründen, können sich kleine, mittlere und mittelständische Unternehmen (KMU) genau das nicht leisten. Welche Lösungsstrategien sich für diese Firmen anbieten. Und wie Service-Meister Fachkräfte jetzt für Künstliche Intelligenz (KI) qualifizieren möchte.
Egal, ob KI, Daten oder Cloud – laut Zahlen der Europäischen Union (EU) verfügt jede dritte Arbeitskraft in Europa nicht über grundlegende digitale Kompetenzen. Know-how, das immer entscheidender wird. Nicht nur, um „uneingeschränkt an Gesellschaft und Demokratie teilzuhaben“, sondern „Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu bewältigen“, wie es auf der Website der Europäischen Kommission heißt. Ob Umschulung oder Weiterbildung: der Bedarf an entsprechenden Angeboten wächst rapide. Auch, weil branchenübergreifend allein in Deutschland mittlerweile in jeder zweiten Firma Fachkräfte fehlen, wie eine Umfrage des deutschen Industrie- und Handelskammertags zeigt.
Eurostat: Nur jeder dritte Arbeitnehmende bildet sich regelmäßig weiter
Um gegenzusteuern, hat die Europäische Kommission das Jahr 2023 zum Jahr der Kompetenzen erklärt: Schließlich stehen die Zukunft jedes einzelnen Arbeitnehmenden und damit die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft auf dem Spiel. Was sich demnach ändern muss: Nur jede:r Dritte bildet sich regelmäßig weiter, wie jüngste Zahlen vom Amt für Statistik der EU Eurostat zeigen. Was der Staatenbund daher erreichen möchte: Bis 2030 soll für 60 Prozent der Erwachsenen in den Mitgliedsstaaten die Ausnahme die Regel werden.
Konzerne bündeln Kompetenzen: Initiativen gegen Fachkräftemangel
Lebenslanges Lernen als Regelfall auf dem Arbeitsmarkt steht daher für Initiativen wie Reskilling4Employment (R4E) fest. Bei R4E bündeln Konzerne wie SAP, Volvo oder AstraZeneca ihre Interessen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Gemeinsam evaluieren die Unternehmen, welches Know-how sie in Zukunft benötigen und bestimmen Strategien und Maßnahmen, um Organisation und Belegschaft auszurichten. Nicht anders transformiert die Allianz der Chancen mit ihren Ideen die Firmenlandschaft. So schult Bosch seine Beschäftigten gezielt für konkrete Aufgaben in zukünftigen Arbeitsbereichen, Roche qualifiziert erfolgreich Quereinsteigende und die Telekom schickt ihr Personal in Bildungsteilzeit: Dabei reduzieren Mitarbeitende ihre Stunden, um zu lernen. Gehaltseinbußen stockt der Staat auf.
Lösungsstrategien für KMU und Mittelstand: Digitale Selbstlernformate und Webinare
Von Hospitationen über Cross-Company-Recrutings bis hin zu eigenen Bildungsinstituten – im Schulterschluss der „Großen“ scheint der Fantasie keine Grenze gesetzt. „Doch die Arbeitswelt besteht nicht nur aus Konzernen, die es sich leisten können, einen solchen Aufwand für die Qualifizierung der eigenen Beschäftigten zu treiben“, schreibt das Handelsblatt in einem Online-Artikel. „Zwei von drei Erwerbstätigen in Europa arbeiten für kleine und mittlere Unternehmen mit begrenzten Ressourcen.“ Eigene Schulungsabteilungen, Akademien oder gar festes Personal, das die Belegschaft weiterbildet? Fehlanzeige! All das findet sich in KMU und Mittelstand eher nicht, wie mittelstand-digital.de klarstellt: „Um Mitarbeiter unternehmensspezifisch weiterzubilden, werden zunehmend digitale Formate wie Selbstlernmaterialien oder Webinare eingesetzt.“ So könnten sich Teams unabhängig von Zeit und Ort flexibel und eigenständig qualifizieren.
Beispiel Service-Meister: E-Learning-Kurse und Web-Trainings bringen KI in KMU
Wie das praktisch aussieht, zeigt Service-Meister: Das KI-Projekt stellt die Ergebnisse seiner Arbeit jetzt in unterschiedlichen, frei verfügbaren Lernformaten bereit. Wollen Unternehmen Servicetechniker in puncto KI qualifizieren, zeigt der E-Learning-Kurs auf dem KI-Campus die Möglichkeiten auf. Das Online-Angebot lässt sich im eigenen Tempo nutzen und erklärt beispielsweise, wie smarte KI-Chatbots Techniker:innen bei Reparaturen unterstützen. Nicht anders das Train-the-Trainer-Programm: Das Web-Training schult KI-Expert:innen für den Dienstleistungsbereich, die dann ihre Expertise in eigenen Kursen an KMU weitergeben. Basis der Lernangebote ist ein Open Source Curriculum von Service-Meister, das Bildungseinrichtungen kostenlos nutzen.
Umschulen und weiterbilden: Zwei Millionen Stellen in Deutschland aktuell unbesetzt
Lebenslang lernen, sich qualifizieren und viel regelmäßiger die entsprechenden Angebote nutzen: „Vieles ist bereits vorhanden, man müsste es nur zusammentragen“, sagt Julia Klier, Partnerin bei McKinsey & Company in München und Juniorprofessorin für Wirtschaftsinformatik an der Universität Regensburg im Interview auf handelsblatt.de. Und egal ob IT, Chemie oder Pflege, in allen Branchen fehlen Fachkräfte. Laut tagesschau.de bleiben hierzulande aktuell Zwei Millionen Stellen unbesetzt – Tendenz steigend.
Bildnachweis: iStock-1442527638