Von Nils Klute, IT-Fachredakteur und Projektmanager Kommunikation Cloud Services bei EuroCloud Deutschland_eco e.V
Abonnements sparen nicht nur Kosten, sondern reduzieren Risiken. Ein Effekt, auf den Rolls-Royce bereits seit 60 Jahren setzt, um eigene Düsentriebwerke in der Luft und Wartungsservices profitabel zu halten. Wie nutzungsbasierte Geschäftsmodelle Flugzeuge, Industrie-Services und die Kreislaufwirtschaft abheben lassen.
Egal, ob Düsentriebwerke oder Hubschrauberblätter – bereits im Jahr 1962 wirbelte Rolls-Royce mit einem neuen Geschäftsmodell die Luftfahrt auf. Statt Antriebe zu verkaufen und Wartungsverträge zu vermarkten, bot der Hersteller erstmals Flugzeugmotoren und Services im Abonnement an. Der After-Market-Service Total Care wartet, repariert und tauscht seitdem auf Basis von Festpreisen pro Flugstunde. Auch 60 Jahre später bietet das Unternehmen den Dienst – mit dem Unterschied, dass Algorithmen und Big Data analoge Zählwerke für Betriebsstunden ersetzt haben.
Lebensdauer verlängern, Ersatzteilkosten senken
„Daten aus Internet-of-Things-Sensoren (IoT) geben Rolls-Royce umfangreiche und tiefgründige Einblicke in die Leistung der eigenen Produkte“, schreibt das Online-Fachportal BigData-Insider. Daten, über die das Unternehmen kontinuierlich rund 4.500 Triebwerke überwacht. Und Daten, die den Kund:innen helfen, ihr Equipment effektiver auszunutzen. „Durch ihre Zusammenarbeit haben Rolls-Royce und seine Kunden die Möglichkeit, die Lebensdauer der Flugzeuge zu verlängern, weniger Ausfallszeiten und Reparaturen zu erreichen und die Ersatzteilkosten zu senken“, schreibt Softwarehersteller SAP auf seiner Website: „Kerosineinsparungen von nur einem Prozent pro Jahr können hier 250.000 US-Dollar pro Flugzeug ausmachen.“
Zum Festpreis mieten oder bedarfsgerecht abgerechnet abonnieren
Von Düsentriebwerken über aktuelle Blockbuster und Musikalben bis hin zu High-Tech-Klimaanlagen und Druckpatronen – fast alles lässt sich heute zum transparenten Festpreis mieten oder stets bedarfsgerecht abgerechnet abonnieren. Beispiel luxuriöse Sportwagen: „Für wenig Geld kommen Normalsterbliche in den Genuss, sich einmal hinter das Steuer eines Luxusboliden zu setzen und dabei die neidischen Blicke auf sich zu ziehen“, hält das Schweizer Fachmagazin für Business-IT Netzwoche online fest: „Das Beispiel macht deutlich, was Nutzungsmodelle leisten können: Sie erlauben es uns, ‚grösser‘ zu erscheinen als wir in Wirklichkeit vielleicht sind.“ Was dem einen der Fahrspaß, ist der Industrie das Kapital. Derartige Abo- und Mietmodelle binden weniger Geld und reduzieren zugleich Risiken. Firmen gewinnen Spielraum und Sicherheit für Investitionen.
Service-Meister und TRUMPF: Maschinen nicht kaufen, sondern einfach nutzen
Auch TRUMPF hat das für seine Kundschaft erkannt. Im Schnellboot von Service-Meister arbeitet der Werkzeugmaschinenspezialist mit Implementierungspartner USU Software daran, Serviceeinsätze automatisch zu planen und mit künstlicher Intelligenz (KI) zu unterstützen. „Wo immer wir auf der Welt unsere High-Tech-Geräte warten oder reparieren müssen, setzt das Experten-Know-how voraus“, sagte Martin Lukas von TRUMPF auf dem ersten Konsortialtreffen des KI-Projekts. „Know-how, das nicht überall in gleicher Qualität bei den Serviceteams bereitsteht.“ KI-Tools, Datenanalysen und intelligente Algorithmen machen Servicewissen global skalierbar.
Pro produziertem Blechteil bezahlen
Was hilft, Anlagen verfügbar zu halten, senkt zugleich die Betriebs- und Wartungskosten. Faktoren, die TRUMPF zur Basis neuer Geschäftsmodelle rund um seine Laserschneidsysteme gemacht hat. Mit dem Rückversicherer Munich Re hatte der Hersteller im Oktober 2020 eine Partnerschaft angekündigt. Das Ziel: Ein gemeinsam entwickeltes Pay-per-Part-Modell, bei dem Anwendende die Laservollautomaten nutzen können, ohne diese kaufen oder leasen zu müssen. „Kunden begleichen stattdessen für jedes geschnittene Blechteil einen zuvor vereinbarten Preis“, stellt TRUMPF in einer Pressemitteilung heraus: „Auf diese Weise können sie ihre Produktion deutlich flexibilisieren und dynamischer auf Veränderungen im Marktumfeld reagieren.“ Nicht nur während der Corona-Krise sind diese Eigenschaften für Firmen interessant.
Nutzungsbasierte Geschäftsmodelle ebnen Kreislaufwirtschaft den Weg
Geschäftsmodelle wie diese haben einen weiteren Vorteil. Sie machen die Produkte der Hersteller:innen zugleich zu ihrem Anlagevermögen. Was das bedeutet: Rolls-Royce und TRUMPF sind aus Eigeninteresse motiviert, nach immer neuen Lösungen zu suchen, um Verfügbarkeiten zu maximieren und Kosten zu reduzieren. Wie sich das erreichen lässt: Zum einen durch künstlich intelligente Industrie-Services und smarte Tools, wie sie das Projekt Service-Meister entwickelt (so zeigt Rolls Royce im Unternehmensfilm auf Youtube, wie es die eigene Wartung bereits über Virtual Reality umkrempelt). Und zum anderen nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Wer nach Wegen sucht, die Lebensdauer der eigenen Produkte zu verlängern, findet in Kreislaufprinzipien die Antwort. Wenn Unternehmen sich auf wiederverwertbare Erzeugnisse fokussieren, reduziert das die Wahrscheinlichkeit, dass Maschinen, Anlagen und Geräte kaputtgehen, bevor ihre Lebensdauer endet. Nicht anders beim Recycling von Triebwerken: „Around half of the materials recovered are of such high quality they can be safely remanufactured for use as new aerospace components, reducing our need to procure raw materials”, schreibt rolls-royce.com: „Up to 95% of a used aero engine can be recovered and recycled.”
Dieser Artikel hat Ihnen gefallen? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie regelmäßige Updates zu ähnlichen Themen und zum Projekt Service-Meister und diskutieren Sie mit uns zu diesem und ähnlichen spannenden Themen in unserer LinkedIn Gruppe.
Bildnachweis: iStock-803353580